Kommune setzt auf Versorgung mit Wasser-Wasser-Wärmepumpen

Wasser nimmt im Neugebiet Eichholz in Wesseling einen großen Stellenwert ein. Das Niederschlagswasser wird oberächennah über Rinnen „grünen Fingern“ zugeführt und von dort in eine zentrale Versickerungsanlage (Grüne Mitte) eingeleitet. Auf ein Kanalnetz für Niederschlagswasser wurde hier verzichtet. Des Weiteren bendet sich in der Grünen Mitte ein 500 Meter langer künstlicher Bachlauf, der in eine Teichanlage mündet.

Nun liegt es nah, dass Wasser auch als regenerative Wärmequelle im Wohngebiet genutzt wird. Hierzu wurde ein innovatives Semizentrales Wärmepumpensystem entwickelt. Der Begriff „Semizentral“ steht hier für eine verfahrenstechnische Vorgehensweise, bei der die Grundwasserförderung und -verteilung zentral und die Installation von Wasser-Wasser-Wärmepumpen dezentral in den jeweiligen Häusern durchgeführt wird. Zu diesem Zweck wurde zum Fördern des Grundwassers ein Saugbrunnen und zur Rückführung des abgekühlten Wassers (Rücklaufwasser) ein Schluckbrunnen errichtet. Mit Teilen des Rücklaufwassers wird auch der künstliche Bach gespeist.

Warum die Rheinschiene sich besonders für diese Art der Wärmeversorgung eignet, weiß Martin Kosub, Technischer Leiter der Stadtwerke Wesseling GmbH: „Die Rheinschiene weist sehr gute hydrogeologische Verhältnisse auf. Der Grundwasserflurabstand liegt im Bereich des Neubaugebietes bei durchschnittlich ca. 10 m unter der Geländeoberkante. Die wassererfüllte Mächtigkeit des Grundwasserleiters beträgt 15 – 20 m und weist somit eine hohe Ergiebigkeit auf.“

Die Grundwassertemperatur liegt im Mittel bei 10 °C. Anhand eines Grundwasserströmungs- und Wärmetransportmodells wurde die Temperaturveränderung im Abstrom des Grundwasserleiters simuliert. Die Berechnungen haben ergeben, dass es zu keinem hydrothermischen Kurzschluss zwischen Saug- und Schluckbrunnen kommt.

Das Wassernetz wurde bereits 2014 zusammen mit der Erstellung der Erschließungsstraßen verlegt. Die Herstellung des Saug- und Schluckbrunnens erfolgte im Oktober 2015. Dieser wurde in einer Kombination von Edelstahlfilterrohren und PVC-Vollrohren mit einem Durchmesser von 250 mm ausgebaut. Die Tiefe des Saugbrunnens beträgt 28,50 m, wobei zwei durch ein PVC-Vollrohr getrennte Filterroh-re in einer Tiefe zwischen 18,00 m und 27,50 m angeordnet wurden. Der Schluckbrunnen weist eine Tiefe von 25,50 m auf. Der Ex-Filtrationsbereich befindet sich hier in einer Tiefe zwischen 14,00 m und 24,50 m. Die Bohrungen beider Brunnen erfolgten mit einem Durchmesser von 500 mm.

Die Vor- und Rücklaufleitungen wurden zusammen in einem Graben verlegt. Da die Hausanschlüsse wie bei der Trinkwasserversorgung mittels Ventilanbohrschellen angeschlossen werden, muss die genaue Lage der Hausanschlüsse bei Verlegung der Hauptleitungen nicht bekannt sein.

Schematische Darstellung des Semizentralen Wärmepumpensystems

Insgesamt wurden im ersten Bauabschnitt ca. 1.125 m HDPE-Rohre (Vor- und Rücklauf) mit Außendurchmessern von 63 mm bis 125 mm für das Versorgungsnetz verlegt. Zusätzlich wird die Länge der Hausanschlussleitungen auf insgesamt ca. 680 m geschätzt. Für den zweiten Bauabschnitt werden aktuell weitere ca. 700 m zur Erweiterung des Versorgungsnetzes verlegt. Die Systemgrenze zwischen Versorger und Kunden befindet sich hinter dem Wärmetauscher bzw. den zugehörigen Absperrventilen. Bei Bedarf der Wärmepumpe öffnet sich das Ventil auf der Rücklaufseite und der Wärmetauscher wird durchströmt.

Da der künstliche Bachlauf mit in das Semizentrale Wärmepumpensystem eingebunden ist, müssen verfahrenstechnische Abläufe automatisiert werden. Hierzu wurden Regelschieber, Messtechnik sowie eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) installiert. Überwacht wird das System durch ein übergeordnetes Prozessleitsystem.

Ausgelegt ist der Bach auf eine maximale Beschickungsmenge von 10 l/s. Da die Wassermengen des Baches nicht immer ausreichend sind, wird der Bach durch zu-sätzlich gefördertes Grundwasser aus dem Saugbrunnen gespeist.

Insgesamt sollen drei Wohnanlagen, ein Mehrfamilienhaus, 32 Einfamilienhäuser und eine Kindertagesstätte in einem Zeitraum von 2016 bis 2019 angeschlossen werden. „Die Attraktivität des Baugebietes und die verkehrstechnisch gute Lage zwischen Köln und Bonn haben einen Bauboom in diesem Neubaugebiet ausgelöst“, so Kosub.

Die Fertigstellung der Gesamtanlage einschließlich der Maschinen-, E-, MSR- und Prozessleittechnik erfolgte im April 2016. Im Mai wurde der komplette Bachlauf in Betrieb genommen. Nach Fertigstellung der ersten Wohnanlage im August 2016 erfolgte auch die Inbetriebnahme des Semizentralen Wärmepumpensystems. Im April 2017 wurde das erweiterte Wassernetz für den zweiten Bauabschnitt fertiggestellt. Der Startschuss für die Bebauung mit 32 Einfamilienhäusern ist gefallen. Anfang 2018 werden die ersten Häuser versorgt werden.

Aktuell weist der derzeitige Stand der Kostenermittlung Investitionskosten in Höhe von insgesamt ca. 785.000 € (netto) einschließlich Einbindung des Bachlaufes (Speisung mit Rücklaufwasser aus dem Wärmepumpensystem) für beide Bauabschnitte auf. Es sind noch nicht alle Gelder abgerufen worden, da die meisten Häuser noch nicht errichtet und somit die Hausanschlüsse einschließlich Übergabestationen noch nicht erstellt worden sind.

Der KlimaKreis Köln hat für dieses Projekt eine Fördersumme von insgesamt 91.600 € ausgelobt. Die KlimaKreis Köln GmbH fördert Pilot- und Demonstrationsprojek-te oder Maßnahmen, die sich mit innova-tiven Lösungen befassen. Sie müssen zum Klimaschutz und zum nachhaltigen Um-gang mit der Ressource Energie beitragen, regionale Relevanz haben und somit die Energieeffizienz erhöhen und den Ausstoß von klimatischen Gasen verringern. Geber der Fördermittel ist die RheinEnergie AG. Sie fördert im Rahmen ihres Klimaschutzprogramms „Energie & Klima 2020“ den KlimaKreis Köln.

Zusätzlich hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle für Wärmepumpen in neu errichteten Gebäuden ein sogenanntes Innovationsförderprogramm aufgelegt. Hier entspricht das förderfähige Anlagenkonzept 4 „Wärmepumpe mit Wärmequelle kalte Nahwärme“ (Wärmepumpen mit verbesserter Systemeffizi-enz) dem vorgestellten Konzept in Wesseling. Die Fördersumme beträgt 4.000 € je Wärmepumpe.

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(Quelle: Ausgabe 4/2017 „Wirtschaft an Rhein und Erft“)